Nachhaltiges Bauen: Wie wir die Zukunft gestalten
Entdecken Sie, wie nachhaltiges Bauen die Zukunft der Bauindustrie revolutioniert und wie wir gemeinsam dazu beitragen können.
2 Min. Lesezeit
Anna Stoltenberg : 15.04.2025 10:52:10
Wie bauen wir die Gebäude der Zukunft? Ist weniger mehr? Diese Frage diskutierten am 28. März 2025 führende Expert:innen aus Politik, Immobilienwirtschaft, Architektur und Nachhaltigkeit im historischen Berliner Kronprinzenpalais. Beim Fachdialog „Klimaneutral Bauen“, organisiert von der Koalition für Holzbau, wurden konkrete Wege aufgezeigt, wie die ambitionierten Ziele der neuen EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) praxisnah, nachhaltig und wirtschaftlich tragfähig erreicht werden können.
Politische Positionen und Rahmenbedingungen
Prof. Dr. Andrea Wechsler, Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP), hob hervor, dass Klimaziele allein nicht ausreichend seien. Es brauche Transparenz, realistische Umsetzungspfade und wirtschaftliche Tragfähigkeit. Insbesondere die Verfügbarkeit von Rohstoffen, wie Holz, stelle eine Herausforderung dar. Trotz der Beliebtheit von Holz als nachhaltigem Baustoff wurde deutlich, dass auch dieser Rohstoff begrenzt ist und unter die Sorgfaltspflichten der EU-Verordnung zur entwaldungsfreien Lieferkette (EUDR) fällt. Daher wurde vorgeschlagen, sogenannte „No Risk Countries“ festzulegen, insbesondere EU-Staaten wie Deutschland, um eine gesicherte Rohstoffbeschaffung zu gewährleisten.
Tilman Kuban (CDU), Mitglied des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union und des Wirtschaftsausschusses, kritisierte das Gebäudeenergiegesetz (GEG 2023) als nicht zukunftsfähig und plädierte für dessen Abschaffung. Statt starrer Vorgaben, wie dem Ziel von 65 % erneuerbarer Energie in Heizungen, forderte er technologieneutrale Ansätze und Planungssicherheit. Zudem sprach sich Kuban für eine Senkung der Stromsteuer, einen Kohleausstieg erst nach Verfügbarkeit von Gaskraftwerken und transparente Gaslieferverträge aus. Ein weiterer Vorschlag beinhaltete die Errichtung von Landesinfrastrukturfonds zur Finanzierung kommunaler Wärmenetze.
Wirtschaftliche Machbarkeit der EPBD
In einer Paneldiskussion mit Expert:innen aus der Immobilienbranche wurde deutlich, dass Maßnahmen wie der EH40-Standard oder Zertifizierungen wie DGNB aufgrund hoher Baukosten derzeit nur wenig attraktiv erscheinen. Prof. Dr. Alexander von Erdély von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben betonte die Notwendigkeit systemischen Denkens, insbesondere durch Quartierslösungen statt Einzelgebäude. Ebenso sei Transparenz gegenüber Mieter:innen entscheidend, deren Verhalten großen Einfluss auf die Energieeffizienz habe. Sebastian Blecke (GSG Berlin GmbH) empfahl innovative Quartierslösungen wie Geothermie, Abwärmenutzung von Rechenzentren und Wärme-Contracting.
Studienergebnisse von Jones Lang LaSalle unterstrichen die geringe Sanierungsquote, die 2024 bei lediglich 0,69 % lag und seit Jahren rückläufig ist. Gleichzeitig sind die Nebenkosten unsanierter Gebäude im Vergleich zu Neubauten erheblich angestiegen, wodurch sich die Wohnkosten zunehmend spreizen. Die zentrale Herausforderung bleibe somit die wirtschaftliche Umsetzung der CO₂-Neutralität im Gebäudebestand.
Strategien für den Gebäudebestand
In weiteren Diskussionen wurde betont, dass Förderprogramme allein nicht genügen würden. Günstigere Bauweisen bspw. mit dem “Hamburg-Standard” gewännen wieder an Bedeutung. Verlässliche und langfristige politische Rahmenbedingungen seien essenziell, um Planungssicherheit zu gewährleisten. Auch die kommunale Wärmeplanung inklusive Anschlussverpflichtungen an Fernwärme wurde als effektive Lösung genannt. Genossenschaften und lokale Initiativen könnten hierbei wichtige Akteur:innen sein. Klar definierte politische Ziele, kombiniert mit flexiblen und technologieoffenen Umsetzungswegen, wurden gefordert.
Serielles Sanieren wurde als zentraler Lösungsansatz hervorgehoben. Vertreter:innen von Unternehmen wie Ecoworks und der Deutschen Energie-Agentur (Dena) mit ihrem Modell „Energiesprong“ präsentierten innovative Konzepte. Trotz der Vorteile, darunter schnellere Umsetzung und Skalierbarkeit, scheitern viele Projekte an gesellschaftlichen Widerständen, etwa durch fehlende Akzeptanz bei Mieter:innen oder unzureichende digitale Infrastruktur in Kommunen.
Low-Tech-Lösungen als nachhaltige Alternative
Prof. Thomas Auer von der Technischen Universität München plädierte für „Low-Tech“-Lösungen, da diese oft robuster und nachhaltiger als komplexe High-Tech-Systeme seien. Besonders im sommerlichen Wärmeschutz könnten einfache Maßnahmen wie Deckenventilatoren im Holzbau effizientere und robustere Lösungen darstellen. Er kritisierte die bestehende Förderlogik, die eher technische Systeme statt tatsächlicher Klimawirkung belohne. Ein- und Zweifamilienhäuser wurden als besonders relevante Hebel zur CO₂-Reduktion genannt, für die derzeit klare politische Strategien fehlen.
Fazit und zukünftige Herausforderungen
Der Fachdialog machte deutlich, dass der Weg zu klimaneutralen Gebäuden komplex, aber durchaus realisierbar ist. Technologische Innovationen allein reichen nicht aus; Vertrauen, Schnelligkeit und regulatorische Klarheit sind ebenso entscheidend. Modularer Holzbau, serielle Sanierungen, kommunale Wärmekonzepte sowie eine konsequente Entbürokratisierung sind zentrale Elemente einer erfolgreichen und nachhaltigen Bauwende.
Die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD), die bis Mai 2026 in nationales Recht umzusetzen ist, sieht vor, dass öffentliche Neubauten ab 2028 und sämtliche Neubauten ab 2030 als Nullemissionsgebäude errichtet werden müssen. Die Richtlinie fordert zudem umfangreiche Reduktionen des Primärenergieverbrauchs bestehender Wohn- und Nichtwohngebäude sowie Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien, Elektromobilität und umfassende Lebenszyklusanalysen.
Foto: Koalition für Holzbau, Fachdialog „Klimaneutral Bauen“
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